Erschienen am: 01/31/2015

Diese Tendenz spiegelt sich im Geräteverhalten wieder. Für Anwender von ICs ist es von Bedeutung, verschiedene IC-Typen anhand ihrer EMV-Parameter vergleichen zu können. Somit ist eine Auswahl des besten ICs möglich, bzw. kann die Gestaltung des Layouts und des Geräts auf die EMV-Parameter des ICs ausgerichtet werden.

Für die Hersteller von ICs bedeuten gute EMV-Eigenschaften ihrer Produkte Vorteile gegenüber dem Mitbewerber. Aufgabe muss es daher sein, die für die Störfestigkeit und Störaussendung entscheidenden Parameter zu ermitteln und Rückschlüsse auf das Chipdesign zu ermöglichen.

Heute übliche Testverfahren für ICs

Bei elektronischen Bauelementen (ICs, Transistoren) ist es heute üblich, in der Spezifikation als ESD-Festigkeit einen Wert von einem bis mehreren kV unter Verweis auf das Human Body Model anzugeben. Beim Human Body Model (HBM) wird ein Kondensator (100 pF) mit einer Prüfspannung aufgeladen und über 1500 Ohm auf den Prüfling entladen. HBM ist in den Normen MIL-STD-883G und in der IEC 801-2 beschrieben. Ein weiteres Testmodell nach gleichem Prinzip ist das Machine Model (MM).

Beide Modelle dienen ausschließlich der Absicherung der Zerstörfestigkeit des ICs beim Umgang mit dem Bauteil während Herstellung, Verpackung, Transport und bei der Bestückung. Bei MM oder HBM Tests ist das Testobjekt grundsätzlich nicht an Spannung angeschlossen, also nicht in Funktion.

Die spezifizierten ESD-Festigkeiten nach dem Human Body Model haben keinen Bezug zum ESD-Verhalten in Funktion. Es ist sogar möglich, dass die für das Human Body Model ausgelegten Schutzmechanismen (ohne Berücksichtigung von Störungen in Funktion) beim funktionellen Störtest Fehler oder Ausfälle des ICs erzeugen.

Gegenwärtig wird an EMV-Normen und Prüfverfahren und Grenzwerten für ICs gearbeitet.

Die Anforderungen hinsichtlich der EMV für Geräte (Betriebsmittel und Einrichtungen) sind durch Normen, Prüfverfahren und Grenzwerte bereits festgelegt. Die Geräte werden einer ESD- und Burst- Prüfung unterzogen (IEC-Norm 61000-4-2/61000-4-4). Die Prüfspannungen liegen im kV- Bereich.

Die im Gerät verwendeten ICs und andere Halbleiter sind letztlich die Ursachen für eine Störaussendung und eine mangelnde Störfestigkeit.

Die Störaussendung von ICs ist an ihren Schnittstellen messbar. Auf Basis dieser Messungen kann eine Bewertung und Definition der Störaussendung des ICs durchgeführt werden

Die Störfestigkeit von ICs ist gering. Die Störschwellen liegen im Volt-Bereich.

Die bei Normprüfungen außen an das Gerät angelegten Impulsspannungen werden auf dem Weg zum IC abgeschwächt. Aus einigen kV außerhalb des Gerätes werden Spannungen von etwa 1 ... 100 V am IC-Pin. Diese Spannungen können die Störschwellen der ICs überschreiten. Daraus folgt, dass gegenüber der Geräteprüfung die Prüfspannungen für ICs nicht im kV-Bereich sondern im Bereich von 1 bis einige hundert Volt liegen müssen. Nur in wenigen Ausnahmefällen wird eine höhere Prüfspannung benötigt (Spezialgeräte).

Mit Hilfe eines IC-Testsystems (Bild 1 und Bild 2) kann das Verhalten von ICs bei gezielter Störgrößeneinwirkung (feld- und leitungsgebunden) bzw. deren Störaussendung untersucht werden. Die daraus gewonnen Erkenntnisse helfen dem Halbleiterhersteller ICs zu optimieren und dem Anwender Schwachstellen in seiner Elektronikbaugruppe zu entfernen.

Neues IC-Testsystem

Der Test-IC wird in Funktion getestet.

Das IC-Testsystem ermöglicht dem Anwender von ICs:
  • die Aufklärung von EMV-Problemen im Gerät auf IC-Ebene
  • ICs gemäß der gewonnen Erkenntnisse auszuwählen
  • Schaltungs- bzw. Layoutdesign auf EMV-Parameter von ICs zu optimieren.
Das IC-Testsystem ermöglicht dem Hersteller von ICs:
  • die Messung und Überprüfung der Störfestigkeit und Störaussendung von ICs
  • die Aufklärung der Störursachen
  • die Optimierung von ICs

Für die Bestimmung der verschiedenen EMV-Parameter werden unterschiedliche Probe Sets benötigt. Das Probe Set kann vom Anwender je nach Einsatzgebiet (u.a. HF, EFT, ESD, DPI, Störaussendung 1 Ohm Methode…) ausgewählt werden.

Für eine optimale Testumgebung der Probe Sets wird eine IC-Testumgebung benötigt:

  • eine Testleiterkarte für den Test-IC, die eine einheitliche Schnittstelle zwischen Test-IC und IC-Testsystem herstellt
  • Ein Connection Board, das zur Ansteuerung des Test-ICs verwendet wird
  • Eine Groundplane, die ein einheitliches Bezugspotential herstellt

Zusätzlich werden externe Geräte je nach Prüfaufgabe benötigt:

  • Störgenerator (z.B. EFT/Burst)
  • Oszilloskop
  • Spektrumanalysator
  • PC
  • Leistungsverstärker
EMV-Parameter für ICs

Jeder IC besitzt genau bestimmbare, leitungs- und feldgebundene Störschwellen. Diese sind seine EMV – Parameter. Die IC-Pins besitzen die leitungsgebundenen Störschwellen, die man messen kann.

Der IC als Ganzes besitzt feldgebundene Störschwellen. Von außen können auf den IC Störfelder einwirken und diese Störschwellen überschreiten. Er besitzt Magnetfeld- und E-Feld - Störschwellen. Diese Störschwellen sind unabhängig voneinander. Zur Ermittlung der Feldstörschwellen sind Probes erforderlich, die geeignete und definierte Felder erzeugen.

Weiterhin lässt sich die Störemission eines ICs leitungsgebunden über die Pins und feldgebunden (elektrisches und magnetisches Nahfeld) über das IC-Gehäuse konkret messen. Die Messkurven sind die EMV-Parameter über die die ICs bewertet werden können.

Die Prüfeinrichtung
Bild 1 Prüfeinrichtung für leitungsgebundene IC-Tests, hier mit einem ESD-Generator P331-2
Bild 2 Prüfeinrichtung für feldgebundene IC-Tests, hier mit einem Generator für ESD-Magnetfeld

Beim Messaufbau befindet sich der zu prüfende IC auf einer Testleiterkarte. Von der Testleiterkarte führen gefilterte Verbindungen zu dem darunter liegenden Connection Board. Das Connection Board verbindet den Test-IC mit dem PC. Mit der dazu gehörenden Software lässt sich der IC steuern und überwachen. Das Connection Board befindet sich auf der Unterseite der Groundplane. Die Groundplane bildet ein festes Masse-Bezugssystem für die Messung. Die Probes werden auf die Groundplane aufgesetzt und koppeln feldgebunden oder leitungsgebunden in den Test-IC ein bzw. messen dessen Störaussendung. Über den Pin-Kontakt der Probe zum untersuchten Pin des Test-ICs wird die Messverbindung hergestellt. Durch diesen kleinräumigen Aufbau und durch die durchgehende Groundplane wird sichergestellt, dass auch im GHz-Bereich gemessen werden kann.

Definition der Prüfverfahren

Die während Normprüfungen in den Geräten wirksamen Mechanismen der Störfestigkeit und der Störaussendung müssen analysiert werden. Aus dieser Analyse werden die Prüfverfahren für alle Beeinflussungsgrößen (HF, ESD, EFT, Emission, HF-Emission…) abgeleitet.

Störfestigkeit

Die Prüfverfahren für Geräte erzeugen im Gerät elektrische und magnetische Felder. Diese Felder wirken auf die Leitungsnetze der Flachbaugruppe, die zum IC führen und auf die IC-Gehäuse ein. Die Felder, die auf die Leitungsnetze wirken, erzeugen in diesen Ströme und Spannungen. Diese beeinflussen den angeschlossenen IC.

Prüfgeneratoren für ICs müssen diese elektrischen und magnetischen Größen allgemeingültig nachbilden. Der an das zu testende Gerät angelegte Prüfimpuls uG(t) erzeugt einen durch das Gerät fließenden Stromimpuls i(t). Im Gerät entsteht ein Spannungsabfall Δu(t). Aus der Spannung Δu(t) entsteht im Gerät die elektrische Feldstärke E(t). Aus dem Strom i(t) entsteht im Gerät das Pulsmagnetfeld H(t). Diese Felder wirken indirekt über die von außen angeschlossenen Leiterzüge (leitungsgebunden) auf den IC oder direkt auf die IC-Gehäuse (feldgebunden).

Störemission

Getaktete ICs erzeugen im Inneren HF-Spannungen und HF-Ströme. Diese erzeugen direkt aus dem IC-Gehäuse austretende elektrische oder magnetische HF-Felder. Weiterhin können diese HF-Spannungen und HF-Ströme auf die IC-Pins und damit auf IC-externe Leitungsnetze in die Flachbaugruppe übertragen werden. Dort werden daraus wieder elektrische oder/und magnetische HF-Felder erzeugt. Im Bild 3 wird durch den IC und die externen Leitungsnetze des ICs elektrisches Feld E erzeugt. Das elektrische Feld koppelt zur benachbarten Baugruppe über und erregt diese zur Störaussendung. EMV-Parameter des ICs sind in diesem Fall die elektrische Feldstärke, die der IC abgibt und die elektrischen Größen Strom und Spannung (IC-Emission), mit der die IC-externen Leitungsnetze erregt werden.

Die Größen elektrisches Feld, magnetisches Feld der IC-Gehäuse und HF-Strom und HF-Spannung der IC-Pins müssen mit geeigneten Systemen (Probe Sets) gemessen werden. Damit ist der IC charakterisiert.

Bild 3 Erregung von Störemission in einem elektronischen Gerät durch elektrische Felder des ICs und der Leitungsnetze der Flachbaugruppe
Magnetische Einkopplung

Der durch ein Bord fließende Puls-Störstrom erzeugt Puls-Magnetfelder. Diese Magnetfelder BSt können in Leiterschleifen einkoppeln und Störspannungen uSt induzieren. Das Puls-Magnetfeld kann auf zwei Wegen störend in die Funktion des IC eingreifen (Bild 4):

a) Die induzierte Spannung beeinflusst den als Eingang geschalteten Pin des ICs. Die Störspannung uSt wird im IC von der Eingangsschaltung in ein Störsignal gewandelt und wie ein logisches Signal weiterverarbeitet.

b) Die induzierte Spannung treibt in die Pins des IC einen Störstrom iSt. Dieser Störstrom gelangt, wenn es sich um Vdd/Vss Pins handelt, direkt auf das IC-interne Vdd/Vss-System. Er kann jedoch auch über Signalpins eindringen und über interne Treiber oder Schutzdioden oder Kapazitäten auf das IC-interne Vdd/Vss-System geführt werden. Das Vdd/Vss-System führt den Störstrom an weitere Funktionskomponenten des IC, so dass Störungen in Bereichen entstehen können, die nicht funktionell mit den betroffenen Pins in Verbindung stehen.

Der durch ein Bord fließende Puls-Störstrom erzeugt Puls-Magnetfelder. Diese Magnetfelder BSt können in Leiterschleifen einkoppeln und Störspannungen uSt induzieren. Das Puls-Magnetfeld kann auf zwei Wegen störend in die Funktion des IC eingreifen (Bild 4):

Bild 5 IC-Beeinflussung über Puls-Magnetfeld
Elektrische Einkopplung

Baugruppen können elektrischen Pulsfeldern von einigen 10.000 V/m ausgesetzt sein (Messaufbau nach IEC 61000-4-4). Leitungsnetze des Bords werden von diesem Feld beaufschlagt (Bild 5). Über die parasitäre Kapazität der Leitung zur Umgebung wird ein Verschiebestrom D fließen. Der an die Leitungen angeschlossene IC kann über zwei Wege beeinflusst werden:

a) Das Leitungsnetzwerk besitzt auf dem Bord und im IC im wesentlichen Schaltelemente R, L und Dioden gegen Vdd und Vss. Der Verschiebestrom erzeugt an diesen Elementen einen Störimpuls uSt. Dieser Störimpuls wird im IC von der Eingangsschaltung in ein Störsignal gewandelt und wie ein logisches Signal weiterverarbeitet.

b) Der Verschiebestrom teilt sich in zwei Anteile. Ein erster Anteil fließt über die Ersatzelemente des Bordes und über eventuell vorhandene Entstörkondensatoren ab. Der zweite Anteil des Störstrom iSt fließt durch den IC über Treiber oder Schutzdioden auf das Vdd/Vss-System. Er erzeugt ähnliche Wirkungen wie bei der Magnetfeldeinkopplung.

Bild 5 IC-Beeinflussung über E-Feld